• News

Tuning für fossile Heizungen

02.03.2023 Michael Staub, Journalist BR, Kriens

Gerade in älteren Gebäuden sind Öl- und Gasheizungen weit verbreitet. Wegen des aktuellen Nachfragebooms zieht sich deren Ablösung in die Länge. Doch der Brennstoffbedarf lässt sich mit geeigneten Massnahmen verringern.

Der Winter scheint schon fast vorbei, das Gröbste überstanden. Trotzdem fragen sich viele Eigentümerinnen und Eigentümer, wie sie ihre Heizkosten mittelfristig im Griff behalten können. Denn in vielen Gebäuden sind noch ältere Öl- oder Gasheizungen installiert, und beide Energieträger sind seit letztem Frühling markant teurer geworden. Die Ideallösung wäre ein Ersatz des Wärmeerzeugers. Doch die aktuell sehr grosse Nachfrage, der Fachkräftemangel in der Installationsbranche und die immer noch anhaltenden Lieferkettenprobleme machen dieses Projekt zu einem Geduldsspiel. Wer wohl oder übel weiterhin mit der bestehenden Heizung «gschirre» muss, hat jedoch verschiedene Möglichkeiten, deren Hunger nach Öl oder Gas zu regulieren.

Pullover und Fenster

Die einfachsten Spartipps sind seit Jahrzehnten bekannt: Statt die Fenster halbe oder ganze Nächte lang gekippt zu lassen, ist Stosslüften angesagt. Und wer den Thermostat herunterdreht, kann die tiefere Raumtemperatur mit einem dicken Pullover kompensieren. Ein sehr wirksamer Hebel für einen geringeren Energiebezug ist die Ertüchtigung der Gebäudehülle. Es muss nicht gleich eine Gesamtsanierung sein: Die Kellerdecke und den Estrichboden nachzudämmen, kostet relativ wenig Geld. Mit etwas handwerklichem Geschick kann man diese Arbeit sogar selbst ausführen. Für einen Fensterersatz oder die Fassadensanierung braucht es hingegen Profis und ein entsprechendes Budget. 

Wenn die Gebäudehülle bereits in einem guten energetischen Zustand ist, bietet der Heizkeller viele weitere Ansatzpunkte für einen tieferen Öl- oder Gasverbrauch. Der einfachste davon ist das Zeitprogramm. Diese Steuerung reduziert zum Beispiel die Leistung der Heizung zwischen 18 und 6 Uhr (Nachtabsenkung) und fährt am Morgen die Anlage rechtzeitig wieder hoch. Dieses Zeitprogramm solle man ruhig einmal unter die Lupe nehmen, meint Roland Roth, Ingenieurberater bei Elco: «Die genauen Zeiten, aber auch die Heizkurven können häufig optimiert werden.» Die Heizkurve legt fest, bei welcher Aussentemperatur welche Heizleistung erbracht werden soll. Ebenso wird mit ihr definiert, bei welcher Aussentemperatur die Heizung überhaupt anspringt (Heizgrenze).

Stille Reserven auflösen

In der Wirtschaft ist der Begriff der Stillen Reserven geläufig. Er bezeichnet Reserven, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind, die aber bei Bedarf aufgelöst werden können, um den Unternehmenserfolg zu verbessern. Um Reklamationen zu vermeiden, haben deshalb viele Heizungsplaner die Anlage übervorsichtig ausgelegt. Ein gutes Beispiel ist die Warmwasseraufbereitung. «Nicht wenige Gebäude besitzen eine Zirkulationsleitung, die 24 Stunden warm gehalten wird. Das heisst, es läuft rund um die Uhr eine Pumpe, auch nachts um zwei Uhr», berichtet Roland Roth. Das Warmwasser wird also fortwährend durch diese Leitung gepumpt, damit es beim Aufdrehen des Wasserhahnens sofort verfügbar ist. Solche Lösungen sind in Zeiten der knappen und teuren Energie nicht mehr opportun. Mit einer massvollen Einschränkung der Betriebszeiten und einer gewissen Absenkung der Warmwassertemperaturen kann die Verschwendung eingedämmt werden. Wichtig ist, bei Speichern (Boilern) und Ausstossstellen (Dusche, Hahnen) die vorgeschriebenen Mindesttemperaturen einzuhalten, da sonst Probleme mit dem Wachstum von Mikroorganismen (u. a. Legionellen) entstehen können.

Ohnehin ist die Warmwasseraufbereitung ein guter Ansatzpunkt für energetische Sanierungen. Sie benötigt wegen ineffizienter oder veralteter Technik oft zu viel Strom respektive Wärme und hat damit einen überproportionalen Einfluss auf den Gesamtenergiebezug eines Gebäudes. Für Einfamilienhäuser, die das Warmwasser via Öl- oder Gaskessel oder gar mit einem elektrischen Boiler aufbereiten, ist der Wärmepumpenboiler eine gute Alternative. Er nutzt eine kleine, im Warmwasserspeicher integrierte Wärmepumpe, um das Wasser aufzuheizen. Gleichzeitig wird die Umgebungsluft entfeuchtet. Waschküchen oder Trocknungsräume sind deshalb ein perfekter Aufstellungsort für den Wärmepumpenboiler.

Schwachstellen beseitigen

Eine weitere interessante Variante für die Warmwasseraufbereitung ist die Solarthermie (Solarwärme-Kollektoren). Diese Anlagen stehen etwas zu Unrecht im Schatten der populären Photovoltaik-Anlagen. «Mit der Solarthermie können auch grosse Mengen Warmwasser vorerwärmt werden. Falls nötig, gibt man dann mit dem Öl- oder Gaskessel noch den letzten Zacken Energie rein, damit die nötige Temperatur erreicht wird. Das benötigt viel weniger Öl oder Gas, als das Warmwasser rein fossil zu erwärmen», sagt Roland Roth. Damit eine Solarthermieanlage amortisiert werden kann, sollte der effektive Warmwasserbedarf sorgfältig abgeklärt werden. Denn für Familien mit Kindern und entsprechend hohem Verbrauch lohnt sich die Anlage eher als für ein alleinstehendes Paar.

Insbesondere bei älteren Gebäuden bietet auch die Verrohrung im Heizkeller respektive im Kellergeschoss Potenzial für eine Verbesserung. Ungedämmte Heizungsoder Warmwasserleitungen sollten nachisoliert werden, um unnötige Energieverluste zu vermeiden. Falls in ungedämmten Räumen, etwa einer angebauten Garage, noch Heizkörper vorhanden sind, sollten diese entfernt werden. Unter Umständen kann auch bei den Umwälzpumpen eine Verbesserung erzielt werden: Moderne Pumpen benötigen deutlich weniger Strom und sind erst noch effizienter. Ob ein reiner Pumpenaustausch sinnvoll ist, wird am besten mit dem Heizungsinstallateur besprochen. Denn manchmal reicht ein punktueller Eingriff, manchmal ist aber nur eine Gesamtsanierung sinnvoll.

Abgleichen und planen

Eine weitere Optimierungsmöglichkeit ist nur wenigen Eigentümerschaften bekannt. Der sogenannte hydraulische Abgleich stellt sozusagen das verlorene Gleichgewicht zwischen Wärmeerzeuger (Heizkessel) und Wärmeverteilung (Fussbodenheizung oder Heizkörper) her. Denn die zwei Komponenten sind über den Wasserkreislauf miteinander verbunden. Theoretisch bringt dieser Kreislauf zu jedem Heizkörper die genau richtige Wassermenge, damit die notwendige Temperatur im Raum erreicht werden kann. Alterung der Komponenten, fehlerhafte Einstellungen, zu schwache Pumpen oder Ablagerungen in den Heizungsrohren können den Kreislauf aber stören. Dann erhalten zum Beispiel die Heizkörper in den unteren Geschossen zu viel Wärme, die Radiatoren in den oberen Stockwerken hingegen zu wenig.

Mit dem hydraulischen Abgleich werden diese Probleme korrigiert, und jeder Heizkreis respektive jeder Heizkörper wird individuell kontrolliert. Der Aufwand variiert je nach Grösse des Objektes, Standort, Alter und Komplexität der Anlage und ausführender Firma. Am besten holt man eine Offerte beim Installateur des Vertrauens ein. Bei dieser Gelegenheit können auch die nächsten Schritte für die Sanierung der Heizung (und / oder der Gebäudehülle) besprochen werden. Denn wie bei jedem Gewerk gilt auch hier: Eine schrittweise, überlegte Sanierung ist zwar aufwendig, bringt aber über lange Zeit Früchte. Wer sich eingehend mit der Heizungssanierung beschäftigen möchte, erhält an der seit Jahren beliebten HEV-Infoveranstaltung eine gute Starthilfe und Informationen aus erster Hand (siehe unten).