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Aufgepasst beim Sanieren und Renovieren

20.10.2022

Werterhaltung oder Wertvermehrung? Diese Unterscheidung gilt es bei umfangreichen Sanierungen vorzunehmen. Nicht alle Sanierungsarbeiten sind steuerlich abzugsfähig.

Steuerlich abzugsfähige Unterhaltskosten dienen der Erhaltung bereits vorhandener Werte, während wertvermehrende Aufwendungen zusätzliche neue Werte schaffen. Zweitgenanntes gilt auch für Aufwendungen, die bei einer Liegenschaft aufgrund einer funktionalen Betrachtungsweise zu einer qualitativen Verbesserung führen. Wenn eine Totalsanierung der Liegenschaft praktisch einem Neubau gleichkommt, liegt aus steuerlicher Sicht eine Herstellung vor, womit keinerlei Unterhaltskosten abgezogen werden können.

Bundesgericht hat Leitplanken festgelegt

Dieser unter dem Stichwort «wirtschaftlich-technischer Neubau» zusammengefasste Tatbestand liegt auch bei einem völligen Um- oder Ausbau einer Liegenschaft vor, insbesondere wenn sie neuen Zwecken zugeführt wird. Indizien für einen wirtschaftlich-technischen Neubau sieht das Bundesgericht beispielsweise im Umstand, dass das Investitionsvolumen die Anschaffungskosten der Liegenschaft übersteigt, wenn die Gebäudehülle ersetzt wird oder es zu einer Aushöhlung der Liegenschaft oder von Gebäudeteilen mit Neugestaltung der Innenraumeinteilung kommt.

Einen wirtschaftlich-technischen (Teil-)Neubau sieht das Bundesgericht auch beim Ausbau von Gebäudeteilen, der vor allem eine Wohnraumerweiterung bezweckt, wie beim Ausbau von Dachgeschossen mit Einbau von Zimmern oder Wohnungen. Wirtschaftlich betrachtet, kommt dies einem An- oder Ausbau zusätzlicher Wohnräume gleich und gilt damit als Herstellung. Dies hat zur Folge, dass alle anfallenden Kosten, die durch den Ausbau unmittelbar veranlasst werden, als Herstellkosten gelten und somit nicht als Unterhaltskosten zugelassen werden, auch wenn es bei einzelnen Baumassnahmen für sich allein betrachtet um abzugsfähige Unterhaltskosten oder diesen gleichgestellte Kosten handeln würde. Dazu zählen beispielsweise energiesparende Massnahmen in Form von Wärmedämmungen oder spezielle denkmalpflegerische Massnahmen (vgl. Bundesgerichtsurteil 2C_582/2021 vom 29.11.2021).

Motion gegen steuerliche Bestrafung eingereicht

Diese Steuersituation ist für Hauseigentümer, die unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit und von Energiesparmassnahmen Gutes tun wollen, sehr stossend. Eine Gesamtsanierung einer Liegenschaft ist in der Regel aufwendiger und teurer als ein Abriss und Neubau, was aber unter Energie- und Baustoffgesichtspunkten nicht nachhaltig ist. Das Gleiche gilt für energetische Kleinsanierungen anstelle einer umfassenden Gesamtsanierung, die ein besseres Energiesparresultat zur Folge hat.

Die störenden Auswirkungen dieses «Alles-oder-Nichts-Ansatzes» des wirtschaftlich- technischen Neubau-Blickwinkels ist in anderen Kantonen von Steuerverwaltungen zum Anlass genommen worden, die Praxis zu überprüfen. Im Thurgau ist kürzlich die fraktionsübergreifende Motion «Keine steuerliche Bestrafung von Sanierung und Renovation!» unter anderem vom HEV Thurgau-Vizepräsidenten und Kantonsrat Pascal Schmid miteingereicht worden.

Empfehlung: Gespräch mit Steueramt suchen

Bis es auf eidgenössischer und/oder kantonaler Ebene zu einer Gesetzesanpassung kommt, ist Hauseigentümern, die eine umfassende Renovation / Sanierung planen, zu empfehlen, vor der Ausführung der Arbeiten mit dem Steueramt über ein sogenanntes «Steuerruling» einen Kostenteiler zu suchen. Dies setzt voraus, dass der Hauseigentümer die Baukosten anhand eines Kostenvoranschlags gemäss Baukostenplan untersucht und in Sparten (wertvermehrende Investitionen / Unterhalt / wärmetechnische Sanierung) unterscheidet. Mit den aufgearbeiteten Fakten kann das Gespräch mit dem Steueramt gesucht und oftmals eine befriedigendere Lösung gefunden werden, als wenn die Arbeiten einfach ausgeführt und im Nachhinein mit dem Steueramt diskutiert oder sogar auf dem Rechtsweg gestritten wird (siehe Kasten).

(Dr. Thomas Dufner, Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht, Rechtskonsulent HEV Thurgau)

 

HEV Thurgau hilft weiter
Ein erfolgreiches Gespräch mit dem Steueramt setzt gut aufbereitete Unterlagen voraus. Will der Hauseigentümer diesen Aufwand nicht auf sich nehmen, bleibt letztlich nur der Lösungsansatz, von einer Gesamtrenovation abzusehen und die Renovationsarbeiten sachgerecht aufzuteilen und auf verschiedene Jahre (und somit Steuerperioden) zu verteilen. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Merkblatt «Liegenschaftenunterhalt» der Steuerverwaltung Thurgau verwiesen, das über Google oder die Homepage der Steuerverwaltung einfach gefunden und eingesehen werden kann. Im Bedarfsfall helfen die Fachpersonen der örtlichen Sektion des Hauseigentümerverbands gerne weiter. td