Jeder Stockwerkeigentümer hat das Recht, an der Stockwerkeigentümerversammlung teilzunehmen. Somit kann ein Ehepaar, das die Stockwerkeinheit in Miteigentum besitzt, gemeinsam teilnehmen. Das Gleiche gilt, wenn die Tiefgarage einen eigenen Stockwerkeigentumsanteil bildet. Dann können alle Miteigentümer der Tiefgarage an der Stockwerkeigentümerversammlung teilnehmen.
Stimmrechtsausübung bei Miteigentum
Steht eine Stockwerkeinheit im Miteigentum von mehreren Personen, so müssen sie sich darauf einigen, wer das Stimmrecht ausübt. Sie haben nur eine Kopfstimme. Dasselbe gilt, wenn die Tiefgarage auf einer Stockwerkeinheit besteht. Dann müssen sich die Tiefgaragenmiteigentümer auf einen Stimmrechtsvertreter einigen, der die Stimme der Tiefgaragenstockwerkeigentumseinheit in der Stockwerkeigentümerversammlung ausübt. Im Regelfall sollte daher vorgängig eine Miteigentümerversammlung der Tiefgaragenmiteigentümer stattfinden, um dem Vertreter die Abstimmungsanweisungen zu geben.
Unterschied: Vertretung oder Verbeiständung
Eine Vertretung bei der Stockwerkeigentümerversammlung ist im Stockwerkeigentumsrecht als zulässig erklärt (Artikel 712p Zivilgesetzbuch). Im Reglement werden meistens die Details geregelt. Von der Vertretung ist die Verbeiständung zu unterscheiden. Bei der Vertretung nimmt der Stockwerkeigentümer selber an der Versammlung nicht teil. Bei der Verbeiständung wird der Stockwerkeigentümer von einer Drittperson begleitet. Ist diese Möglichkeit im Reglement nicht geregelt, so muss die Stockwerkeigentümerversammlung mit einem Ad-hoc- Entscheid in der Versammlung darüber befinden, ob sie die Begleitung zulassen will.
Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragener Stockwerkeigentümer mit seiner Ehefrau zur Versammlung erscheinen möchte oder wenn er sich von seinem Anwalt begleiten lässt.
Welche Beschlussquoren gelten?
Im Stockwerkeigentumsreglement wird geregelt, welches Beschlussquorum für die Beschlussfassung gilt. Hier gibt es in der Praxis verschiedenste Regelungen, beispielsweise das Kopfstimmrecht, das Wertquotenstimmrecht oder eine Kombination der beiden. Zusätzlich kann geregelt sein, ob die Mehrheit der Stimmenden gilt oder die Mehrheit der bei der Versammlung anwesenden Stockwerkeigentümer und Vertreter oder die Mehrheit aller im Grundbuch eingetragenen Stockwerkeigentümer.
Ist im Reglement nichts Besonderes dazu geregelt, gilt gemäss Gesetz das Kopfstimmprinzip, und zwar in seiner Reinform. Das heisst, jeder Stockwerkeigentümer hat nur eine Stimme, und zwar auch dann, wenn er Eigentümer von mehreren Stockwerkeigentumseinheiten ist. In der Praxis wird in den Reglementen aber meistens die Regelung getroffen, dass ein Stockwerkeigentümer für jede in seinem Eigentum stehende Stockwerkeigentumseinheit eine separate Kopfstimme besitzt.
Bei der Geltung des Kopfstimmprinzips gilt im Regelfall für die Berechnung des einfachen Mehrs, dass die Anzahl der zustimmenden Stockwerkeigentümer grösser sein muss als die Anzahl der Stockwerkeigentümer, die sich gegen den Beschluss aussprechen oder sich der Stimme enthalten oder eine ungültige Stimme abgeben. Faktisch wirken sich somit Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen wie Neinstimmen aus. Deshalb wird in der Praxis oftmals in den Reglementen vorgesehen, dass nur die bei der Abstimmung effektiv teilnehmenden Stimmen zählen, also nur die Ja- und die Neinstimmen.
Qualifiziertes Mehr für wichtigere Beschlüsse
Das Stockwerkeigentumsrecht sieht sodann für wichtigere Beschlüsse das qualifizierte Mehr nach Köpfen und Wertquoten vor. Hier muss also zusätzlich zum Mehr der Köpfe auch die Mehrheit der Stockwerkeigentumsquoten zustimmen, das heisst 501 Promille der total 1000 Wertquoten in der Stockwerkeigentümergemeinschaft, also nicht nur der anwesenden oder gültig vertretenen Stockwerkeigentümer. Allerdings kann im Stockwerkeigentumsreglement auch für das Wertquotenstimmrecht die Regelung vorgesehen werden, dass das Wertquotenmehr der anwesenden oder vertretenen Stockwerkeigentümer ausschlaggebend sein soll.
Falls Fragen offenbleiben
Die Berechnung des anwendbaren Quorums bei Stockwerkeigentümerversammlungen ist nicht immer einfach. In erster Linie muss das Stockwerkeigentumsreglement studiert werden. Wenn Fragen offenbleiben, können Sie sich an die lokale Sektion des Hauseigentümerverbands wenden. Diese ist gerne bereit, bei unklaren Bestimmungen weiterzuhelfen. Hier finden Sie Ihre Sektion.
Autor Dr. Thomas Dufner ist Rechtsanwalt (Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht) und Rechtskonsulent des HEV Thurgau.